Mittelalter in Thüringen

Das Mittelalter gilt bis heute wohl zu Unrecht als „Dunkles Zeitalter“. Die Zeit von 500 bis 1500 bietet wesentlich mehr Facetten als nur Pest, Hexenverfolgung, Kreuzzüge oder Folter. So erleben zum Beispiel die Literatur, die Musik, die Malerei und auch die plastische Kunst eine wahre Blüte und verdeutlichen einmal mehr, wie bunt wir uns das Mittelalter vorstellen sollten. Ebenso kommt es im Mittelalter zur Gründung der ersten umfassenden Bildungseinrichtungen, den Universitäten, die bis heute die wohl wichtigste Basis der modernen Forschung und den damit verbundenen Innovationen darstellen. Getragen und forciert wurden all diese Entwicklungen von den jeweiligen lokalen und regionalen Machthabern, die über genügend Geld und den entsprechenden Einfluss für solche Vorhaben verfügten. Daher kommt gerade dem Adel in der Geschichte des Mittelalters eine tragende Rolle für die Genese des gesellschaftlichen, geistlichen und geistigen Lebens zu.

 

Für die Thüringer Geschichte zählt Sizzo III. von Schwarzburg-Käfernburg zu den bedeutendsten Vertretern der aristokratischen Gesellschaft. Als eigentlicher Begründer des Grafengeschlechts von Schwarzburg-Käfernburg war dieser Sizzo III. der Erste, der sich sowohl nach der Schwarzburg (ab 1123/37) als auch nach der Käfernburg (ab 1141) benannte und durch diese beiden Stammburgen den Geschlechternamen festlegte. Mit einem gezielten Landesausbau gelang es ihm zudem, den Grundstein für die Herrschaft seiner Nachfahren über große Teile des heutigen Thüringens zu legen. Auch um das geistliche Leben im mittelalterlichen Thüringen war Sizzo III. sehr bemüht. So gründete er unter anderem das Kloster Georgenthal, welches ihm zugleich als Grablege diente.

Die im Bereich Mittelalter auszustellende Stifterfigur befindet sich im Original im Westchor des Naumburger Doms und ist bis heute für die Forschung von großer Bedeutung. Entstanden ist dieses Kunstwerk um die Mitte des 13. Jahrhunderts. Zu sehen ist ein bärtiger Mann mittleren Alters in typisch höfischer Kleidung. In der rechten Hand hält er ein in der Scheide steckendes Schwert und in der linken Hand einen zeitgenössischen Schild. Auf diesem Schild ist neben einem steigenden goldenen Löwen, dem typischen Wappentier der Schwarzburg-Käfernburger, auch die Umschrift SYZZO COMES DO(NATOR) zu lesen. In der Übersetzung bedeutet dies: „Graf Sizzo der Stifter“. Es ist somit sehr sicher, dass es sich bei dieser Figur ganz eindeutig um Sizzo handelt, der zudem durch den Löwen auf dem Wappen den Schwarzburg-Käfernburger zuzuordnen ist. Auch die schriftlichen Quellen des 13. Jahrhunderts nennen im Zusammenhang mit dem Neubau des Naumburger Doms einen Sizzo, der sogar als primus fundator (Erststifter) genannt wird.

 

Die Stifterfigur des Sizzo steht folglich als Leitexponat im Ausstellungsbereich „Mittelalter in Thüringen“ aus mehreren Gründen: Die Sizzonen gelten als Begründer des Grafengeschlechts der Schwarzburg-Käfernburger, die eine zentrale Rolle in der mittelalterlichen Geschichte Thüringens einnahmen. Zugleich waren Vertreter dieser Adelslinie aber auch über eine lange Zeit hinweg die Herren der Burg Ranis und hatten zudem im Umfeld zahlreiche Besitztümer. Damit eignet sich diese Stifterfigur in besonderem Maße, um von ihr ausgehend die Rolle des Adels für sämtliche Bereiche des Lebens im Mittelalter nicht nur in der Region rund um Ranis, sondern in ganz Thüringen zu beleuchten.
 

Verfasser: Dr. Christian Karst