Seismologie

Für die Erforschung aller geophysikalischen Phänomene, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit Erdbeben stehen, sind Seismometer von zentraler Bedeutung. Dies erklärt die weit zurückreichende Entwicklungsgeschichte dieser Instrumente, die vor allem in den letzten ca. 120 Jahren eine besondere Intensität erfahren hat. Das Seismologische Kabinett des Museums Burg Ranis dokumentiert in einzigartiger Weise die instrumentellen Fortschritte seit dem Beginn der systematischen Beobachtung von Erdbebensignalen. Stellvertretend für eine Fülle von anderen Seismometern steht die letzte Seismometer-Konstruktion der DDR vor der politischen Wende: das Triaxial-Seismometer Jena (TSJ). Hier wurde der Wunsch die gesamte, durch Erdbebenwellen ausgelöste Bodenbewegung zu erfassen und mit den besten technischen Möglichkeiten zu verknüpfen, in beispielhafter Weise realisiert.

Das Seismometer TSJ zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass es eine signifikante Neuerung der Anordnung der einzelnen Komponenten beinhaltet: Bis ca. Mitte der 1980er Jahre waren für die Erfassung der vollständigen Bodenbewegung, die mit einer durchlaufenden Erdbebenwelle einhergeht, zwei Horizontal- und ein Vertikalseismometer notwendig. Die Horizontalkomponenten wurden dann exakt in nordsüd  und ostwest Richtung ausgerichtet. Im TSJ sind drei baugleiche Komponenten mit 54.7° zur Vertikalen mit Azimutdistanzen von 120° enthalten. Eine einfache Umrechnung ermöglicht die Bestimmung der beiden Horizontal- und der Vertikalbewegungen. Der fertigungstechnische Vorteil ist offensichtlich: es muss nur noch ein Sensorsystem in Serie hergestellt werden. Damit eignet sich der TSJ ganz besonders, um als Standardinstrument in den nationalen und globalen Netzen eingesetzt zu werden.
 

Skizze zur Funktionsweise des TSJ und des STS-2: Die von Erdbebenwellen erzeugte Bodenbewegung wird mit den drei Sensoren U, V und W gemessen und kann leicht in die Horizontalrichtungen X und Y sowie die Vertikale Z umgerechnet werden.

 

Interessanter Weise fand in der Vorwendezeit eine ähnliche instrumentelle Entwicklung im damaligen Westeuropa statt: Die Firma Streckeisen entwickelte aufbauend auf den Ideen von Professor Wieland (Stuttgart) die Seismometer STS-1 und STS-2. Im Gegensatz zum TSJ konnte das STS-2 mit einem hochwertigen Feedback-System ausgestattet werden. Das STS-2 ist heute das Standardseismometer im Deutschen Regionalen Seismischen Netz (GRSN), das von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR, Hannover) betrieben wird. Beide Seismometer, TSJ und STS-2, stellen somit einen Meilenstein in der Seismometrie dar und stehen stellvertretend für die Entwicklung seismologischer Instrumente.

 

Das Seismometer TSJ ist Leitexponat des Ausstellungsbereiches zur Seismologie und steht für die Entwicklungsgeschichte dieser Messintrumente.

 

Leitobjekt Seismologie: TSJ

 

Verfasser: PD Dr. Thomas Jahr & Dipl.-Ing. Wernfrid Kühnel